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Im Interview: Dr. Katja Michalak vom IKOE-Projekt

Das Projekt IKOE der AGSA ist im Juli als Fachstelle Interkulturelle Öffnung und Kompetenzentwicklung Sachsen-Anhalt in seine vierte AMIF-Förderphase gestartet. Somit kann die seit 2015 im Rahmen des Projekts bestehende vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den verschiedensten Verwaltungsorganisationen im Land fortgesetzt werden. Projektleiterin ist Dr. Katja Michalak, die schon bei Vorgängern von „IKOE 4“ und auch bei anderen Projekten die Führungsfunktion innehatte. Im Interview mit Gabriel Rücker stellen wir euch Dr. Katja Michalak und das Projekt vor.

 

 

 

Foto: Dr. Katja Michalak

 

Hallo Katja! Zunächst eine allgemeine Frage: Was liegt dir besonders am Herzen – privat und im Beruf?

 

Allgemein gesagt geht es mir beruflich vor allem um die Verknüpfung von Praxis und Wissenschaft – und wie diese auch voneinander lernen können. Dabei ist es für mich wichtig, dass die Bedarfe zivilgesellschaftlicher Akteure aufgenommen werden, auch innerhalb der AGSA. Ich sehe mich dabei in einer wichtigen Brückenfunktion.

Meine beiden Kinder gehen hier in Sachsen-Anhalt zur Schule – auch deshalb liegt mir die Internationalisierung der Bildungseinrichtungen sehr am Herzen. Und interkulturelle Kompetenzschulung ist ja auch ein wichtiger Baustein von Internationalisierungsprozessen. Schließlich habe ich zum Thema Verwaltungsreform promoviert – ich bin sehr froh, dass ich meine Expertise auch praktisch weitergeben kann. Und es bereitet mir sehr viel Spaß und füllt mich aus, meine Erfahrungen auch an Stadtverwaltungen zu vermitteln. 

 

Scheinbar bist du ein Mensch, der beständig neue Herausforderungen sucht und neue Initiativen ergreift, diese beharrlich weiterverfolgt und auch die praktische Umsetzung leiten kann – so hast du das 2021 begonnene Modellprojekt DiAA – Demokratie in Arbeit und Ausbildung der AGSA entwickelt und warst auch vorübergehend Projektleiterin. Jetzt führst du wieder das IKOE-Projekt. Was hat dich dazu bewogen?

 

Ich konnte bei DiAA meinen zusätzlichen Blick auf den ländlichen Raum und kleine mittelständische Unternehmen schärfen, die unbedingt und noch mehr mit dem Bereich Bildung und Verwaltung verknüpft werden müssen. Das dabei bestehende Spannungsfeld zwischen ländlichem Raum, Bildung und Verwaltung reizt mich. Schlechte Verkehrsverbindungen und eine mangelnde gesundheitliche Versorgung sind dabei nur äußerlich sichtbare Symptome. Und übrigens leite ich dieses Drittmittel-Projekt IKOE 4 zusätzlich zu meiner Vertretungsprofessur im Studiengang Heilpädagogik/Inclusion Studies an der Hochschule Zittau/Görlitz. Darüber hinaus bin ich die AGSA-Verantwortliche für das länderübergreifende Austauschprojekt im Rahmen des EU-Programms Erasmus+ „Tic or Trick“. Bei dem Projekt ist die AGSA eine Partnerorganisation.

 

Was erwartet uns im Zuge des bis 30. Juni 2026 laufenden IKOE-Projekts?

 

Unser siebenköpfiges Team freut sich, gemeinsam mit Partnern die Vernetzung und den Austausch in den Systemen Bildung und Verwaltung weiterentwickeln zu können. Dabei geht es zum Beispiel um die Fortführung der bewährten Trainerinnen-Qualifizierung sowie um Weiterbildungsprogramme wie etwa dem „Vielfaltsmontag“ mit Teilnehmenden aus verschiedenen Verwaltungsorganisationen. Geplant sind ferner Prozessbegleitungen der Stadt Dessau-Roßlau, des Burgendlandkreises und des Landkreises Stendal sowie Fachtage. Und nicht zuletzt werden wir die digitale Landkarte „Kompass Sachsen-Anhalt“ als interaktive Informationsplattform insgesamt und deren Nutzerfreundlichkeit weiter verbessern. Zusammenfassend liegt der Fokus der vierten IKOE-Projektperiode verstärkt auf zwei Bereichen: Die interkulturelle Bildung sowie kommunale Verwaltung im Kontext des demografischen Wandels. So widmen wir unseren ersten Fachtag am 11. April 2024 dem wichtigen Thema Verwaltung, Bildung und Unternehmen im ländlichen Raum. Mit Blick auf die Verwaltung haben wir Kompetenzschulungen im Programm, und mit Blick auf die Zivilgesellschaft haben wir unser Engagement erweitert, beispielsweise zum Thema Ehrenamt. Zu unserem neuen Ansatz gehört es, Motor für mehr Teilhabe wirklich aller Menschen und Bereiche zu sein.

 

Wie schätzt du die Erfolgsaussichten ein?

 

Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir auch etwas bewirken können: Zum Team gehören Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Fachrichtungen Sozial- und Kulturanthropologie, Ökonomie, Grafikdesign, Friedens- und Konfliktforschung und Germanistik. Dadurch können wir verschiedenen Perspektiven zugunsten des Projekts zusammenzubringen. Ich bin sehr zuversichtlich und freue mich auf die Zusammenarbeit mit bestehenden und neuen Partnern wie etwa der Migrationsagentur des Burgenlandkreises, der Stadtverwaltung Dessau-Roßlau und der Ausländerbehörde Magdeburg sowie besonders mit Akteuren aus den Landkreisen Stendal und Salzwedel, in denen wir die neuen Projektziele mit ihnen gemeinsam umsetzen. 

 

„Diversity“ ist zwar mittlerweile ein Schlagwort geworden, aber wenn es konkret wird, stellt sich möglicherweise jeder Mensch etwas anderes darunter vor. Wie ist es bei dir?

 

Für mich ist es wichtig, alle Vielfaltsdimensionen mitzudenken. Damit meine ich zusätzlich zur Herkunft von Menschen zum Beispiel unterschiedliche sexuelle Orientierungen, Fragen des Alters oder körperliche und geistige Beeinträchtigungen. Menschen müssen dafür sensibilisiert und befähigt werden, in ihrer Denkweise alle Vielfaltsdimensionen aufzunehmen. 

 

Du bist bereits seit acht Jahren bei der AGSA und in dem von ihr getragenen einewelt haus tätig. Was ist für dich das Einzigartige am einewelt haus?

 

Das Erlebnis, dass man sich in der ersten Etage über kulinarische Dinge auf Bulgarisch unterhalten kann, im nächsten Stockwerk auf Russisch über Weltliteratur oder oben auf Englisch über neueste Ansätze von Inclusion Studies – weil die Mitgliedsvereine der AGSA eben dort Büros und Veranstaltungsräume haben. Diese Themen sind mir persönlich ganz wichtig. Hier kann ich mich mit Menschen austauschen, weil ich selbst in Bulgarien, Russland und den USA gelebt habe. 

Besonders berührt hat mich beispielsweise ein Konzert im einewelt haus, bei dem russische, ukrainische und armenische Musiker gemeinsam klassische Musik gespielt haben. Das sind alles hoffnungsvolle Talente, egal woher sie kommen, und sie können im einewelt haus nicht nur sinnbildlich Grenzen überwinden! 

 

Wenn du dir vorstellst, es wäre jetzt der Juni 2026: Wie sollte ein Satz zum Abschluss des Projekts lauten, den du dir als einen Punkt der Bilanz wünschst?

 

 

Dass Akteure in öffentlicher Verwaltung und in Bildungsinstitutionen mit Hilfe unserer Projektarbeit zu der Erkenntnis gelangt sind, dass sie ihre Modernisierungsvorhaben ohne Reflektion der eigenen Haltung nur schwer umsetzen können.

 

Vielen Dank für das Interview. Wir wünschen dem Projekt viel Erfolg.