
Sprachen öffnen Türen – nicht nur im Alltag, sondern auch zur Gesellschaft. Genau hier setzt „Deutsch im Alltag“ im einewelt haus Magdeburg an. Das Projekt der Auslandsgesellschaft Sachsen-Anhalt e.V. richtet sich an Menschen mit Migrationsgeschichte, die ihre Deutschkenntnisse festigen und in einer freundlichen Umgebung anwenden möchten. Bianka Mopita begleitet den Konversationszirkel mit viel Engagement – und mit einem reichen Erfahrungsschatz aus über zwei Jahrzehnten Arbeit im Bereich Migration und Integration. Im Interview erzählt sie, warum ihr das Projekt am Herzen liegt, was die Teilnehmenden erwartet und wie Sprache Brücken baut.
Bianka, magst du dich kurz vorstellen?
Gerne! Mein Name ist Bianka Mopita, ich bin 71 Jahre alt und seit vielen Jahren in Magdeburg in verschiedenen Projekten rund um Migration und Integration aktiv. Mein Weg begann 1998 mit dem Projekt „Kontakt International“ im einewelt haus. Parallel absolvierte ich eine Ausbildung zur Fachkraft für soziale Arbeit. Danach war ich zweimal Koordinatorin des Ausländerbeirats der Stadt Magdeburg und zehn Jahre lang Mitarbeiterin beim Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt. Es folgten weitere Stationen, unter anderem als Sozialarbeiterin und Sprachmittlerin für Französisch in einer Erstaufnahmeeinrichtung. Selbst nach meinem Renteneintritt war ich noch zweieinhalb Jahre in Berlin aktiv – in einer Flüchtlingsunterkunft der Malteser.

Wie bist du zum Projekt „Deutsch im Alltag“ gekommen?
Nach vielen Jahren der Zusammenarbeit mit Geflüchteten weiß ich, wie herausfordernd es ist, die deutsche Sprache zu erlernen – besonders ohne kontinuierliche Übung oder gezielte Unterstützung. Deshalb habe ich mich 2021 an die Projektleitung gewandt und gefragt, ob ich ehrenamtlich mitarbeiten könne. So kam ich über den Bundesfreiwilligendienst ins Projekt „Deutsch im Alltag“. Seit dem 15. September 2023 bin ich offiziell mit einem Übungsleitervertrag dabei – und es macht mir große Freude.
Was ist das Ziel des Projekts – und an wen richtet es sich?
Unser Projekt richtet sich an Menschen, die bereits erste Deutschkenntnisse erworben haben, sei es durch Integrationskurse oder anderweitig – und die nun ihre Sprachpraxis im Alltag verbessern möchten. Viele Teilnehmende bereiten sich auf mündliche Prüfungen vor oder wollen einfach sicherer sprechen. Auch Personen, die wenig oder gar nicht schreiben und lesen können, kommen zu uns – und wir versuchen, individuell zu unterstützen. Das Ziel ist es, eine offene und unterstützende Lernumgebung zu schaffen, in der man sich traut zu sprechen.
Unternehmt ihr auch etwas außerhalb des Unterrichtsraums?
Ja! Seit einigen Jahren machen wir gemeinsame Ausflüge, um Magdeburg besser kennenzulernen. 2023 haben wir das Kulturhistorische Museum, das Dommuseum und den Dom besucht, außerdem gab es eine Stadtführung. Dieses Jahr planen wir weitere Exkursionen, zum Beispiel ins Technikmuseum oder in den Stadtpark – vielleicht sogar mit einem gemeinsamen Grillnachmittag mit den Familien der Teilnehmenden.

Welche Erfolge oder besonderen Momente bleiben dir in Erinnerung?
Besonders freut es mich, wenn ich erlebe, wie Teilnehmende durch das Projekt selbstbewusster werden – und schließlich sogar Arbeit finden. Einige, die seit 2021 regelmäßig dabei waren, haben in den letzten Monaten eine Anstellung bekommen. Aber auch die lockeren Gespräche bei unseren Ausflügen, bei denen wir über persönliche Erfahrungen lachen und lernen, bleiben mir im Gedächtnis.
Was motiviert dich persönlich, dieses Projekt zu begleiten?
Ich habe selbst viele Jahre im französischsprachigen Ausland gelebt – zwischen 1984 und 1992 – und weiß, wie es ist, in einer neuen Sprache Fuß zu fassen. Als meine Tochter dort eingeschult wurde, habe ich gemeinsam mit ihr Französisch gelernt. Diese Erfahrung hat mich geprägt. Ich möchte anderen Menschen das geben, was ich mir damals gewünscht hätte: Unterstützung, Geduld und ein Ort, an dem man nicht bewertet, sondern ermutigt wird.
Was hast du selbst durch die Arbeit mit „Deutsch im Alltag“ gelernt?
Ich lerne ständig dazu. Die kulturelle Vielfalt unserer Gruppe bereichert mich persönlich. Die Geschichten, Erfahrungen und Sichtweisen der Teilnehmenden erweitern meinen Horizont. Es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen.
Wie siehst du die Zukunft des Projekts?
Ich wünsche mir, dass das Projekt weiterhin gefördert wird. Es ist ein niederschwelliger und gleichzeitig wirkungsvoller Ort des Lernens und der Begegnung. Es wäre schön, wenn wir noch mehr Menschen erreichen könnten – vielleicht auch über diesen Artikel. Wer Interesse hat, kann sich gern direkt bei mir melden.
Wie können Interessierte teilnehmen oder unterstützen?
Die Teilnahme ist unkompliziert möglich – am besten über eine Anmeldung bei der Auslandsgesellschaft Sachsen-Anhalt (AGSA). Ich bin unter bianka.mopita@agsa.de erreichbar, auch telefonisch über das Büro. Wer jemanden kennt, der Deutsch lernen möchte, kann die Info gern weitergeben!
Zum Schluss: Hast du eine Botschaft für alle, die noch zögern, Deutsch zu sprechen?
Traut euch! Wer schon einen Sprachkurs besucht hat, aber beim Sprechen noch unsicher ist, ist bei uns herzlich willkommen. Es geht nicht um Perfektion, sondern um Kommunikation. Wir freuen uns über jede neue Stimme im Raum!
Wir danken Bianka herzlich für ihre wertvolle Arbeit und ihre Bereitschaft, uns im Interview Einblicke in das Projekt und ihre Erfahrungen zu geben.
Das Gespräch mit Bianka Mopita zeigt eindrucksvoll, wie wertvoll persönliches Engagement im Bereich der Sprachförderung ist. Mit viel Herzblut, interkultureller Erfahrung und einem offenen Ohr begleitet sie Menschen auf ihrem Weg in ein sprachlich selbstbestimmteres Leben. Ihr Projekt „Deutsch im Alltag“ schafft einen Raum, in dem Lernen, Austausch und Teilhabe auf Augenhöhe möglich sind – eine echte Bereicherung für das einewelt haus und die Stadt Magdeburg. „Deutsch im Alltag“ wird unterstützt vom AGSA-Projekt „Interkultur 2025“, finanziert durch das Land Sachsen-Anhalt und die Stadt Magdeburg.
Deutsch im Alltag
Zeiten
Montag 10.30 - 12.30 Uhr
Mittwoch 10.30 - 12.30 Uhr
Ort
einewelt haus Magdeburg
Schellingstraße 3-4, 39104 Magdeburg
Redaktion Deine-Welt-Blog
Gabriel Rücker
Projektassistenz
Telefon: +49 (0)391/ 5371-206
E-Mail:gabriel.ruecker@agsa.de
Fotos: Eman Tarek Elbassel
© AGSA