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Kolumne zum Transgender Day of Visibility

Es ist der 14. September 2021, in Berlin kommt es zum Höhepunkt einer Leidensgeschichte. Ella Nik Bayan zündet sich selbst an, mitten auf dem Alexanderplatz. Ella war eine Trans-Frau, die unter schwersten Bedingungen aus dem Iran nach Deutschland geflohen war. Sie lebte auch jahrelang in Magdeburg, bevor sie nach Berlin ging, in der Hoffnung auf ein besseres und freieres Leben. Die Tragödie von Ella bewegte Deutschland und schlug hohe Wellen. 

 

27. Februar 2024, in einer Schule in im US-Amerikanischen Bundestaat Oklahoma wird der sechzehnjährige Nex von Mitschülern zusammengeschlagen und erliegt seinen schweren Verletzungen. Auch hier ein gab es weltweite Schlagzeilen. In den USA wurden in den letzten Jahren hunderte transfeindliche Gesetze erlassen. Weltweit werden immer mehr Trans*-Personen Opfer von Diskriminierung und Gewalt. 

 

Was hat das mit uns zu tun mag sich jetzt so mancher Fragen, warum sind diese Fälle so herausragend und was hat das Thema Trans eigentlich damit zu tun? Am 31. März ist Trans Day of Visibility. Ein Internationaler Tag der für Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit sorgen soll. Aber erst einmal von Anfang an.  

 

Was bedeutet Trans* überhaupt? Fangen wir vielleicht einen Schritt vorher an, warum ist mir das Thema wichtig und warum schreibe ich hier darüber. Mein Name ist Gabriel, ich bin seit gut zwei Jahren bei der Auslandsgesellschaft Sachsen-Anhalt Projektassistent als Werkstudent. Ich bin selber Nicht-Binär und setzte mich neben dem interkulturellen Austausch in meiner Freizeit für die Rechte queerer Menschen ein. Zur schnellen Erklärung, Trans*-Personen sind Menschen, die sich nicht mit dem Geschlecht identifizieren, welches sie bei der Geburt zugeschrieben bekommen haben. Am ehesten bekannt hier wahrscheinlich Trans-Frauen und Trans-Männer. Da Geschlecht aber auch ein Spektrum ist gibt es auch Menschen, die sich keinem der Beiden Enden des Spektrums zwischen männlich und weiblich zuordnen können. Dies sind Nicht-Binäre Menschen. Sie fallen unter den Oberbegriff Trans. Das ist jetzt alles natürlich stark vereinfacht ausgedrückt.  

 

Warum ist das Thema denn jetzt auch in der Arbeit der Auslandsgesellschaft relevant? Ich habe am Anfang des Textes die traurige Geschichte zweier Menschen erwähnt. Hier möchte ich noch einmal etwas näher auf diese Menschen eingehen. Ella lebte lange Jahre in Magdeburg. Sie ist aus dem Iran geflohen. Der Grund war ihre Transidentität. Ich habe Ella damals in meiner Arbeit in der queeren Community kennengelernt. Sie war eine freundliche und lebensfrohe Person. Dennoch war es nicht alles so einfach. Aus dem Iran vor der Queerfeindlichkeit geflohen kam sie nach Deutschland. Doch hier hörte ihr Leidensweg leider nicht auf. Vor allem Trans-Frauen sind in Deutschland massiver Diskriminierung und Anfeindungen ausgesetzt. Zu der Transfeindlichkeit kam leider auch der Rassismus unserer Gesellschaft. Nicht nur die deutsche Bürokratie, aber auch die Queerfeindlichkeit der eigenen Landsleute machten ihr auch zu schaffen. Sie konnte leider auch in Deutschland nicht sicher und frei Leben. Auch die Geschichte von Nex zeigt wie in dieser Zeit des rechten Kulturkampfes das Existenzrecht von Trans*-Personen immer wieder in Frage gestellt wird und durch transfeindliche Gesetzte wie in den USA, transfeindliche Stimmungsmache in Deutschland diese Menschen immer größerer Gefahr ausgesetzt sind. Dies trifft oft besonders Menschen mit Migrationshintergrund und Geflüchtete. 

 

Die Aufklärungsarbeit über Trans-Identitäten und queere Lebensweisen ist somit auch besonders in interkulturellen und migrantischen Einrichtungen wichtig. Wir in der Auslandsgesellschaft setzen uns für eine vielfältige und diverse Gesellschaft ein. Dazu gehört auch immer die Verbindung von queeren und interkulturellen Themen. Als Auslandsgesellschaft haben wir mit dem CSD Magdeburg ein Mitglied gewonnen, welches sich für queere Rechte einsetzt in der Region aber auch darüber hinaus. Die Zusammenarbeit hat sich von eigenen Veranstaltungen in den CSD-Aktionswochen bis hin zu neuen Beratungsstrukturen weiterentwickelt. Besonders queere Menschen mit Migrationshintergrund und Geflüchtete brauchen Unterstützung. Trans*-Personen im Besonderen. Dafür müssen wir im Team aber immer weiter dazu lernen. Mit dem Austausch und der Befassung mit dem Thema, können wir unsere Arbeit weiter verbessern und selbst dazulernen.  

 

Mit der Unterzeichnung der Charta der Vielfalt und eigenen Aktionen wollen wir uns selbst weiterentwickeln und unseren Teil beitragen. Hier ist aber auch viel Arbeit zu leisten, auch die Aufklärung innerhalb des Teams ist dabei wichtig. Dennoch kann ich als Nicht-Binäre Person berichten, dass das Kollegium sehr offen ist. 

 

In der heutigen Zeit stehen nicht nur Menschen mit Migrationsintergrund und Geflüchtete im Fokus rechtsextremer Angriffe, sondern auch Queere und grade Trans*-Menschen. Dabei wird oft versucht Minderheiten gegeneinander auszuspielen. Dem stellen wir uns in der Auslandsgesellschaft entgegen. Wir suchen die Gemeinsamkeiten und stellen die Menschenrechte und Gemeinsamkeiten in den Vordergrund. Unsere Gesellschaft kann nur den Herausforderungen der Zukunft bestehen, wenn wir uns die Herausforderung gemeinsam mit vielfältigen Perspektiven stellen und Lösungen finden.  

 

Der Trans*-Day of Visibility soll daran erinnern, dass Trans*-Menschen Teil unserer Gesellschaft sind. Respekt und Anerkennung der Lebensrealität und der Schutz vor Diskriminierung ist unser aller Aufgabe. Grade jetzt werden Trans*-Menschen wieder zum Politikum. Hier müssen wir uns als Gesellschaft schützend vor sie stellen. 

 

Text: Gabriel Rücker