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Schon von Anfang an waren wir bunt gemischt

Elena Klein vom “Meridian” e.V. im Interview mit Diana Sharmankina

 

Frau Klein, bitte erzählen Sie uns über die Geschichte Ihrer Vereinigung. Wie ist “Meridian” mit EWH verbunden?

 

Die Sozial- Kulturelle Vereinigung “Meridian” e.V. wurde im Januar 1999 gegründet. Anfangs bestand sie aus wenigen Mitgliedern, etwa 10-12 Personen, die aus der ehemaligen Sowjetunion kamen. Die meisten von ihnen stammten aus Moskau oder St. Petersburg, wie der Gründer von Meridian, Dr. Boris Poukchanski. Es gab auch Menschen aus der Ukraine.

 

In den ersten Jahren des Werdegangs des Vereins war es nicht so einfach, denn es war die Zeit des Kampfes um Anerkennung des Vereins, einer gemeinnützigen Migrantenselbstorganisation, die jahrelang dauerte und mit der Zeit erreicht wurde. Man kann heute behaupten, dass wir auf der Stadt- und Landesebene gut anerkannt sind und einen guten Ruf haben.

 

Ursprünglich hatten wir zwei Hauptziele: viel im Bereich der Kultur für die Menschen und für die Mitglieder des Vereins “Meridian” zu tun und Sozialleistungen zur Verfügung zu stellen. Das war gar nicht so einfach, denn die Menschen hatten unterschiedliche Mentalität, aber sie waren alle durch die Sprache der Kommunikation, nämlich Russisch, vereint. Außerdem sind wir durch unsere Werte und vor allem durch unsere Familie verbunden. Sie ist für uns ebenso wichtig wie das Verständnis der Bund zwischen uns, unabhängig von unserer Muttersprache, unserem Glauben oder unserem Herkunftsland.

 

“Meridian” ist von Anfang an Mitglied der Auslandsgesellschaft Sachsen-Anhalt (AGSA) e.V.. Der Verein konnte aus eigener Kraft keine großen Erfolge erzielen, weshalb die externe Unterstützung durch andere Organisationen für uns eine große Rolle spielt.

 

Es ist wichtig zu erwähnen, dass auch der Europäische Freiwilligendienst und die Freiwilligen selbst, die seit zehn Jahren mit uns zusammenarbeiten, eine große Unterstützung für uns sind. Die ersten Freiwilligen kamen aus der Ukraine und später aus Russland, die im kulturellen Bereich sehr viel für uns getan haben. Derzeit haben wir eine Freiwillige aus Russland, Daria Voronkina, die uns sehr hilft.

 

Erzählen Sie uns über sich und Ihre Rolle bei “Meridian”.

 

Zunächst möchte ich dem Gründer von “Meridian” ein paar Worte widmen. Ich bin sehr froh, dass ich die Gelegenheit hatte, fünf Jahre lang mit Dr. Boris Poukchanski zusammenzuarbeiten. Von ihm habe ich viel Positives und Notwendiges gelernt und mitgenommen. Es hat mich immer wieder erstaunt, wie viel Zeit und Energie er in das Leben der Vereinigung und der Menschen gesteckt hat.

 

Es war nicht leicht, aber dennoch war er ständig in das Leben von “Meridian” eingebunden. Das ist es, worum wir heute bitten - nicht seine eigenen Interessen zu verfolgen, sondern die Interessen der Menschen und der Mitglieder der Vereinigung zu verfolgen. Nur mit solchem Mut und Fundament kann der Verein weiterleben.

 

Für mich selbst ist dieses Jahr ein wichtiges und besonderes Jahr - 20 Jahre meiner Arbeit in der SKV “Meridian” e.V.. Vor 20 Jahren, am 2. Mai 2002, kam ich als Praktikantin von AQB zum Verein, wo ich gleichzeitig Übersetzerin und Sozialpädagogin war. Damals brauchte die Vereinigung für einige Zeit einen Dolmetscher, der die Mitglieder von “Meridian” begleitete. Ich, Englisch- und Deutschlehrerin von Beruf hatte das Glück, gleich nach meiner Einreise in Deutschland im medizinischen Bereich ausgebildet zu werden, und konnte viele medizinische Begriffe ziemlich spontan übersetzen und Unterlagen ausfüllen. Schon in den ersten Tagen meines Praktikums wurde mir gesagt, dass ich weiterarbeiten kann. Das war sowohl für die Mitglieder als auch für mich ein Vorteil.

 

Es ist auch wichtig zu erwähnen, dass ich die Hälfte der Zeit, d.h. 10 Jahre, ehrenamtlich gearbeitet habe. Dies ist jedoch kein trauriger Moment für mich. Ich bin froh, im Verein viel erlebt und viele Menschen kennen gelernt zu haben.

 

Nach dem Tod des Gründers der Vereinigung “Meridian” Dr. Boris Poukchanski, waren mein Mann und ich die ersten Ansprechpartner für seine Enkelkinder. Wenn etwas passiert, versuchen wir, immer in Kontakt zu bleiben und wenn möglich sofort zu helfen. Manchmal ist es allerdings schwierig, weil die Vereinigung “Meridian” so viele Aufgaben hat.

 

Wir sind sehr froh, dass wir Nachwuchs haben - unsere jungen Leute, die nach und nach die Aufgaben des Vereins “Meridian” übernehmen, und vor allem den Vorstandsvorsitzenden Dennis Butewitz. Er half seinem Urgroßvater oft in vielen Angelegenheiten des Vereinslebens in der Filiale Wolmirstedt, da dieser der Sprache nicht mächtig war. Dennis verfügt über einen großen Erfahrungsschatz und ist uns eine große Stütze, auch bei der Arbeit mit Flüchtlingen aus der Ukraine. Auch mein Sohn, Robert Klein, unterstützt uns sehr. Bereits im Alter von zwölf Jahren nahm er aktiv am Vereinsleben teil. Nach dem Tod der ukrainischen Künstlerin Ina Berman übernahm Robert das Studio für Bildende Kunst.

 

Auf Ihrer Website steht, dass im “Meridian” viele Programme und Ausflüge stattfinden. Zum Beispiel eine Exkursion nach Berlin oder eine Zusammenarbeit mit dem SCM / Sportclub Magdeburg. Erzählen Sie uns mehr über Ihre Angebote.

 

Wie ich schon sagte, war es nicht einfach, die Vereinigung allein aufrechtzuerhalten. Im Laufe der Jahre haben wir viele Beziehungen zu anderen Kooperationspartnern aufgebaut - nicht nur zu Migrantenorganisationen, sondern auch zu lokalen und nationalen Organisationen, die im Laufe der Jahre anerkannt sind. Dazu gehörte auch die Zusammenarbeit mit Sportclub Magdeburg (SCM) e.V..

 

Es war ein Glücksfall, dass Uwe Kobert, ein Vertreter des Sportclub Magdeburg, vor 25 Jahren in unser Aussiedlerheim kam und großes Interesse an der Arbeit mit unseren Jugendlichen und Kindern zeigte.

 

Der Sportclub Magdeburg  arbeitet im Rahmen der Bundesprogramme "Sport gegen Gewalt" und "Sport für Integration". Wenn Menschen nach Deutschland ziehen, sind die ersten Schritte oft sehr schwierig. In dieser Hinsicht kann Sport ein großer Schritt sein, um sich an ein neues Land anzupassen.

 

In diesen 25 Jahren haben wir gemeinsam mit dem Sportclub Magdeburg viel für Familien, Kinder und Jugendliche getan. Vor allem aber haben wir versucht, Alleinerziehende und kinderreiche Familien zu unterstützen. Wir haben auch viel mit der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) zusammengearbeitet.

 

Unser Schwerpunkt hat sich nun mehr auf die Unterstützung ukrainischer Flüchtlinge verlagert, die während des Krieges in der Ukraine nach Deutschland kommen mussten.

 

Frau Klein, bitte erzählen Sie uns von den Menschen, die nach “Meridian” kommen. Wer kommt dorthin?

 

Ursprünglich sollte sie die verschiedenen Menschen in “Meridian” vereinen und unterstützen. In der Tat waren es Menschen aus dem jüdischen Kontingent Flüchtlinge. Im Laufe der Zeit kamen Spätaussiedler, Deutsche aus Russland, Kasachstan und der Ukraine hinzu, sowie Menschen aus Tschetschenien, die während des ersten und zweiten Bürgerkriegs in Russland als Asylbewerber nach Deutschland gekommen waren. Außerdem waren Menschen aus Bulgarien, Lettland, Litauen, Italien, Vietnam, Lateinamerika, dem Irak und dem Iran und Syrien anwesend. Schon von Anfang an waren wir bunt gemischt.

 

Würden Sie sagen, dass sich das Programm und die Angebote im letzten Jahr verändert haben? Und wie genau?

 

Die Corona-Pandemie hat uns sehr stark getroffen. Viele Kurse für Jugendliche, Kinder und Erwachsene sind ausgefallen. Zunächst versuchten wir, sie in einem Online-Format durchzuführen, was jedoch mit gemischtem Erfolg funktionierte. Abgesehen davon wurde die meiste Arbeit per Telefon erledigt, einschließlich der Beratungen.

 

An welche Initiativen Ihrer Vereinigung erinnern Sie sich?

 

An erster Stelle stehen unsere Jubiläen: Das 10-jährige, das 15-jährige und dann das 20-jährige Bestehen der SKV “Meridian” e.V.. Wir haben diese Ereignisse immer in einem großen Kreis gefeiert. Es war uns wichtig, unseren Kooperationspartnern zu zeigen, was wir im Zuge unseres Vereinslebens bereits erreicht haben.

 

Insgesamt haben wir sechs Filme über “Meridian” gedreht. Der erste Film wurde von Alex Gorski gedreht, einem europäischen Freiwilligen aus der Ukraine, der damals für den Offenen Kanal arbeitete. Es war seine Initiative, und es hat gut funktioniert.

 

Allerdings hatten wir ein kleines Problem mit dem letzten Film, der sich auf das 20-jährige Bestehen der SKV “Meridian” e.V. bezog. Wir haben uns eine Kamera vom Offenen Kanal geliehen. Unser Kameramann Alexander Lauri musste den Film bei der Veranstaltung aufnehmen und anschließend präsentieren. Wir waren so überfordert, dass wir völlig vergessen haben, eine Kopie des gesamten Filmmaterials zu machen. Der Offene Kanal wusste nichts davon, und alles, was wir gefilmt hatten, wurde bei der Rückgabe der Videoausrüstung gelöscht.

 

Daher mussten wir unsere Mitglieder um Hilfe bitten und versuchen, Foto- und Videomaterial von der Veranstaltung zu sammeln - das, was sie selbst während der Veranstaltung gefilmt hatten.

 

Obwohl einige der Videoclips von hervorragender Qualität waren, war es schwierig, sie zusammenzufügen und dann zu präsentieren. Die europäische Freiwillige Valeria Bokhan-Cherepanova aus St. Petersburg war uns bei dieser Aufgabe eine große Hilfe. Sie war diejenige, die das Video zu diesem Zeitpunkt bearbeitet hat.

 

Wir hoffen, dass wir in naher Zukunft eine neue Version des Films bekommen und ihn dann der Öffentlichkeit zeigen können. Dies waren wirklich die Höhepunkte unseres Projekts.

 

Übrigens sind wir der AGSA e.V. sehr dankbar für ihre Unterstützung bei unserem jüngsten Jubiläum, auch finanziell.

 

Eine große Freude war für mich auch die Verleihung des Integrationspreises 2020 an unser Jugendtheater im letzten Jahr. In der Kategorie „Kulturelle Angebote als verbindende Kraft für Integration“ belegten wir den zweiten Platz. Das war ein gutes Zeichen für unser Engagement, für unser Parlament und für unser Theater in seinem zehnjährigen Bestehen.

 

Jedes Jahr erhalten wir viele Vorschläge für die Interkulturelle Woche, vielen Dank dafür an die AGSA e.V. und persönlich an Manja Lorenz, dass wir immer da sind.

Und das große Ereignis war natürlich unser internationales Projekt "Fachkräfte Austausch im Bereich Jugendarbeit". Das Projekt fand in Sibirien statt, unterstützt von der Deutschen Jugend in Europa (djo), von dem Verwaltungsamt Sachsen- Anhalt, sowie von dem Internationalen Verband der Deutschen Kultur in Moskau und mit der Unterstützung lokaler Unternehmen in der Region Altai in Barnaul.

 

Plant “Meridian” etwas Neues? Möchten Sie eine Ankündigung machen?

 

Um ehrlich zu sein, arbeiten wir mit vielen Organisationen zusammen, neuerdings auch mit dem Landesnetzwerks Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt (LAMSA) e.V.. Ab Juni läuft das Projekt Theater-Kreativtage für unsere Kinder und Jugendliche im Rahmen des Programms AUF!leben. Das Projekt wird von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung finanziert, die wir gemeinsam mit LAMSA e.V. betreiben.

 

Generell haben wir viele Pläne mit lkj Sachsen-Anhalt e.V., LAMSA e.V., Deutschen Jugend in Europa (djo) Sachsen-Anhalt e.V., der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, DRK Sachsen-Anhalt  und AGSA e.V.. Es ist immer schwierig, so genau zu sein, denn manchmal kommen viele Vorschläge ganz spontan. Wir müssen uns sofort mit ihnen zusammensetzen, und das ist aufgrund unserer Kapazität oder Überlastung nicht immer möglich. Aber wir versuchen es trotzdem zu tun.