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Mein Zuhause

Joshua Suwelack im Gespräch mit Juliana Gombe

Juliana Gombe ist nicht nur in Magdeburg eine bekannte Frau. Für Ihre Mitmenschen bringt Sie eine enorme Kraft auf. Ob als Mutter, in ihrem Verein toll e.V. oder als Sozialarbeiterin. Auch Sie ist seit 25 Jahren in Magdeburg. Das einewelt haus und Juliana Gombe haben Ihren Weg in Magdeburg zusammen beschritten. Spontan stoßen wir darauf an.

 

Von Joshua Suwelack 


Joshi: Danke, dass du mich auf das Weinchen zum 25. Geburtstag eingeladen hast! 

 

Juliana: Prost auf 25 Jahre! 

 

Joshi: Prost! Du hast 1996 die erste angolanische Nacht im einewelt haus (ewh) organisiert. Wie kam es dazu? 

 

Juliana: Damals wohnte ich hier am Wolfswerder in einer Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete. Ich erinnere mich an eine Frau, die ich am Spielplatz in der Hegelstraße getroffen habe. Unsere Kinder haben zusammen gespielt. Ich fragte sie: „Wo soll ich denn Menschen treffen? Wie kann ich mich vernetzen?“ Sie sagte: „Es gibt da diesen Ort. Irgendetwas einewelt.“ Ich dachte mir: Das ist gut. In einer Welt sind alle will-kommen. Dann sind meine Tochter und ich zu Fuß hierhin gelaufen. Da sehe ich diesen riesengroßen Raum. Da war uns plötzlich bewusst: Aha! Jetzt haben wir einen Platz, wo wir den Tag der Unabhängigkeit oder Weih-nachten feiern können. Das war Dezember 1996. 

 

Joshi: Und warum hatte das Haus für dich ein Allein-stellungsmerkmal? 

 

Juliana: Veteranen, Leute aus meinem Jahrgang, die damals hierhergekommen sind, denen hat das Haus geholfen. Nicht nur mit dem Ausfüllen von Formularen. Als ich 2004 von Rechtsradikalen geschlagen worden bin, bin ich hierhergekommen! Hier wurden zusammen mit Mit-einander e.V. Anwälte für mich organisiert. Wir wussten, wo wir Hilfe holen konnten. 

 

Joshi: Auch du feierst dein Jubiläum zum 25. Jahr in Magdeburg. Das einewelt haus und du haben ihren Weg in Magdeburg zusammen beschritten.

 

Juliana: Das einewelt haus hat mich begleitet. Oder umgekehrt. Wir sind verbunden. Das einewelt haus könnte sagen: Juliana, du kommst nicht wieder. Ich würde wiederkommen. Egal wie. Prost! 

 

Joshi: Prost! 

 

Juliana: Ja, das ist mein Zuhause. Ich erlaube mir auch frech zu sein gegenüber dem einewelt haus, weil das mein Zuhause ist. 

 

Joshi: Wurde es dein Zuhause, weil du hier Hilfe erhalten hast? 

 

Juliana: Damals gab es unterschiedliche Organisationen hier im Haus, die zu uns in die Gemeinschaftsunterkunft gekommen sind. Die haben gefragt, ob wir was im einewelt haus an Veranstaltungen machen wollen. Danach haben wir dann zum Beispiel den Kindertag nicht mehr in der Gemeinschaftsunterkunft, sondern hier gefeiert. Das einewelt haus hat eine ganz andere Umgebung. Wir haben hier unsere Zeit verbracht. Im Park gefeiert oder im Hof gegrillt. War das schön. 

 

Joshi: Später hast du deine eigene Organisation gegründet – toll e.V. Auch toll wirkt unteranderem im einewelt haus und dient der Integration von Geflüchteten und Migrant:innen. Toll kümmert sich zum Beispiel intensiv um Migrant:innen, die ihre erste Woche in Magdeburg verleben. Für deine Arbeit hast du einige Auszeichnungen bekommen. Du bist auf dem zweiten Platz für die Magdeburgerin des Jahres gelandet und hast das Bundesverdienstkreuz erhalten. Habt Ihr da auch über das einewelt haus gesprochen? 

 

Juliana: Ja natürlich. Das Bundesverdienstkreuz hätte ich ohne die Erfahrungen im einewelt haus nicht bekommen. Ich hab viel gelernt nach all den Jahren. Durch unterschiedliche Workshops, die ich gemacht habe. Das hat mich so reif gemacht. Ich habe eben gesagt: Selbst wenn ich irgendwann Hausverbot kriegen würde – geht nicht! Das ist mein Zuhause. Hier bin ich aufgewachsen. 

Joshi: Du bist schon länger im Geschäft: Was empfiehlst du jungen Vereinen, jungen Akteur:innen in Magdeburg? Was nehmen sie im einewelt haus mit? 

 

Juliana: Als erstes sage ich immer: Wenn du was lernen willst als Neuling, sei bescheiden. Bescheidenheit ist eine Tugend. Durch diese Tugend kannst du dich weiterentwickeln. Einen Verein oder eine Organisation zu leiten ist eine harte Nummer. Es ist außerdem abhängig vom Vorsitzenden. Ich merk das. Toll hat nur 51 Mitglieder aber die Hälfte davon ist beschäftigt. Und bleibt am Ball! Ich kenne viele Vereine, die sind zwei, drei Jahre alt und gehen den Bach runter. Nicht zu vergessen – entweder du machst es mit Herz oder gar nicht. Und du musst offen sein. Sag ruhig: In meinem Verein funktioniert das und das nicht. Wenn du in dieses Haus kommst und fragst, kriegst du auch Hilfe. 

 

Joshi: Juliana, ich würde gerne eine Traumreise mit dir machen. 25 Jahre in die Zukunft. Es ist das Jubiläum zum 50. Geburtstag des ewh. Es gibt eine Veranstaltung. Du bist als Rednerin eingeladen. Was würdest du sagen? 

 

Juliana: Zu dieser Erfolgsveranstaltung brauchen wir Menschen. Dafür brauchen wir Dankbarkeit. Dankeschön, dass Ihr uns unterstützt habt. Eigentlich ist es nur das. Mehr nicht. 

 

Joshi: Was wünscht du dir, was bis dahin passieren sollte?

 

Juliana: Was mich beschäftigt ist der Rassismus hier in der Stadt. Ich weiß nicht, ob das möglich ist, dass es noch 4-5 weitere einewelt häuser gibt – um in 25 Jahre zu zeigen: Hallo, wir sind da.