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Ein Auslandsjahr in Zeiten von Corona?

Freiwilligen-Ecke

Hallo an Alle!

Wer hätte es gedacht. Magdeburg ist immer noch ein Teil von Europa - trotz Corona und trotz, dass wir nicht Kulturhauptstadt 2025 werden. Und so gibt es auch weiter europäische Freiwillige. :) 

 

Wir sind Aleš aus Tschechien, Francesca und Veronica aus Italien, Michael aus Frankreich, Fernando aus Spanien und Michal aus Polen.

 

Wir haben es trotz der Pandemie geschafft, nach Deutschland zu kommen! Ja, wir wissen, was ihr denkt: man braucht vielleicht ein bisschen Leichtsinn, um in der Mitte der zweite Corona-Welle abzureisen. Wir konnten jedoch feststellen, dass es mit der nötigen Vorsicht und etwas mehr Organisation möglich war, mit einem Freiwilligendienst im Ausland zu beginnen.

 

Hier stellen wir unsere persönlichen Gedanken und Hoffnungen für das kommende Jahr vor. Auch in Bezug auf das Coronavirus, das noch ein sehr heißes Thema (leider) ist. So, nehmt Platz, eine Tasse Tee und lasst euch unterhalten! 


Michał: Als erstes - wieso macht man überhaupt ein freiwilliges Jahr?

 

Nach dem Abschluss der weiterführenden Schule und dem Bestand der Abiturprüfung war die Idee, an der Universität zu studieren, nicht meine beste Wahl. Vielleicht klingt es zu romantisch oder zu literarisch, aber ich dachte, dass ich nach so vielen Jahren in der Schule nicht direkt zu einer Weiteren gehen könnte. Ich dachte, ich sollte Erfahrungen sammeln, reisen, die Welt entdecken und meine Perspektiven ändern. 

 

Meine Pläne haben aber sich nicht erfüllt. So bin ich aufs College gegangen. In diesem Jahr wurde mir klar, dass meine ursprüngliche Absicht nicht nur ein Traum, sondern eine Notwendigkeit war. 

 

Glücklicherweise habe ich kurz vor dem Bewerbungsschluss festgestellt, dass die Möglichkeit bestand, an einem Freiwilligenprojekt im Bereich Fernsehen in der deutschen Stadt Magdeburg teilzunehmen. Ich habe überhaupt nicht gezögert und schnell meinen Lebenslauf zugeschickt. 


Francesca: Bewerbung erfolgreich, Sachen gepackt... und dann wieder Corona. Bei mir war es ein kleiner Horror.

 

Meine Abreise nach Magdeburg war für die Nacht vom 30. auf den 31. Oktober 2020 geplant. Also zu einer Zeit, in der Änderungen der Corona-Beschränkungen erwartet wurden. 

Als ich in Magdeburg angekommen bin, wusste ich noch nicht, welchen Prozess ich durchlaufen würde, um zu vermeiden, Corona-positiv zu sein.

Am Ende musste ich mich zwei Corona-Tests und 10 Tagen Quarantäne unterziehen, die sich wie eine Ewigkeit angefühlt haben. 

 

Es war schwierig, meine ersten Tage hier geschlossen in einem Zimmer zu verbringen. Ich war allein in einem fremden Land und in einem Haus, das sich nicht wie meins anfühlte und dass ich mit Mitbewohnern teilte, die mir damals noch unbekannt waren. Da ich so viel Zeit hatte, über die Richtigkeit meiner Entscheidung nachzudenken, ein Jahr ESK-Freiwilligenarbeit zu leisten, ohne spazieren gehen können, um meine Gedanken abzulenken, bin ich in eine Krise geraten. 

 

Glücklicherweise haben sich mit dem Ende der Quarantäne und dem Beginn meines Projekts bei der AGSA die Dinge (und meine Stimmung) sehr verbessert.


Veronica: Wie schön. Ich war ganz aufgeregt, als ich gekommen bin. Ich war ja schonmal hier.

Ich habe bereits vorher an Projekten im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps teilgenommen. Das erste war ein kurzfristiges Projekt in Magdeburg. [...] 

 

Als ich im Oktober wieder nach Magdeburg geflogen bin, war es für mich wie nach Hause zurück zu kehren. In den ersten Tagen wurde ich von meinen ehemaligen freiwilligen Kollegen begrüßt. Es war sehr schön, sie wiederzusehen, wenn auch nur für kurze Zeit, da ihre Freiwilligen-Projekte kurz nach meiner Ankunft geendet sind.

 

Ich war aufgeregt, als ich wieder durch die Stadt lief, aber gleichzeitig auch ein wenig traurig, weil ich diesmal einige Wochen auf die Ankunft anderer Freiwilliger warten musste. Am Anfang ist es nicht einfach gewesen: Im ersten Monat war ich oft allein, in meinem Zimmer oder am Fluss Elbe und habe darüber nachgedacht, ob es immer so sein würde. Aber schon Anfang November sind andere junge Freiwillige angekommen und jetzt habe ich endlich Leute, mit denen ich diese aufregende Erfahrung teilen, typische Gerichte unserer Länder zusammen kochen und interessante Ideen austauschen kann.


Michael: Das ist herzergreifend! Auch ich kenne Magdeburg schon länger.

 

Ich hatte schon in Magdeburg gewohnt, deshalb wusste ich schon wie das Leben hier läuft. Ich bin in September 2019 für ein Erasmus Semester angekommen. Nach dem Erasmus Semester bin ich für zwei Monate länger geblieben, um ein Praktikum bei der AGSA zu machen, wo ich von dem Europäischen Freiwilligendienst erfahren habe. Deshalb bin ich in Oktober 2020 zurück nach Magdeburg gekehrt, um ein ESK Projekt in einem Kinderhort zu machen, wo ich Aktivitäten für Kinder nach der Schule organisiere. 

 

[...] Die Realität ist, dass es schwieriger geworden ist, Veranstaltungen für die Kinder wegen den Maßnahmen zu organisieren, weil der Sicherheitsabstand eingehalten werden muss und die Gruppenaktivitäten ausgesetzt wurden. Aber irgendwie versuchen wir, immer beschäftigt zu bleiben und mittlerweile warten wir auf bessere Zeiten.


Fernando: Schön, dass dir Magdeburg scheinbar so gut gefällt. Mir gefällt vor allem der offene Kanal! Ich mache mein freiwilliges Jahr dort.

 

Da ich keine Erfahrung im Medienbereich habe, finde ich diese Stelle sehr aufregend. Es ist eine Möglichkeit, um neue Fähigkeiten zu lernen.

 

In weniger als zwei Monaten, habe ich schon gelernt, die Kamera zu benutzen, Videos zu schneiden und Voiceover aufzunehmen. 

Obwohl ich am Anfang kurz Angst hatte, nicht einen guten Job zu machen, war das ganze Team wirklich freundlich und jetzt fühle ich mich im OKM wie zu Hause.

 

Außerdem bin ich auch sehr glücklich, dass im Büro fast alle Leute immer auf Deutsch mit mir sprechen. Ich kann wirklich fühlen, dass ich jetzt viel flüssiger rede. Ich bin neugierig zu wissen, wie mein Deutsch-Niveau am Ende des Jahres sein wird.


Aleš: Auch ich bin neugierig. Mal sehen, was ich im kommenden Jahr für mein Leben mitnehme...

 

Ich bin sehr dankbar, dass ich jetzt ein Gap Year einlegen kann. Ich habe das Gefühl, dass es nun nach vier Jahren Bachelorstudiums an der Zeit ist, mehr Praktisches zu probieren. Gleichzeitig glaube ich, dass unsere Welt in Zukunft zu einer „aumented reality“ wird, Social-Media und Videobearbeitung fitter zu werden.

 

Ich hoffe auch, dass ich mit meinen Kolleg*innen kreative Lösungen für hybride Formate finde, weil ich merke, wie exklusiv unsere digitale Welt sein kann.

 

Ich würde mich freuen, wenn wir unseren Eurocamp in Präsenz durchführen könnten, weil persönliche Begegnung kein Zoom-Meeting ersetzen kann.

 

Ansonsten hätte ich Lust im Frühjahr und Sommer zu reisen:; mein Traum ist, von Halle aus mit dem IC auf die Ostfriesischen Inseln zu fahren. Ich würde gerne auch ein verlängertes Wochenende auf Hallig Hooge verbringen. 

 

Es mag pathetisch klingen, aber mir ist wieder klar geworden, wie privilegiert ich leben darf. Ich lebe in einer Wohnung, die genug Platz bietet, den (Teil)lockdown gut zu überstehen. Ich kann von zu Hause aus arbeiten, da ich einen schnellen Internetanschluss und gute Technik habe. Ich bin nicht in einer finanziellen Notlage, denn im Frühjahr hatte ich ein Stipendium, nun habe ich die Freiwilligenpauschale. Ich fühle dadurch eine große Verantwortung, mich für andere einzusetzen und die Gesellschaft weiter zu gestalten. 

 

Eine andere Sache, die mir in der letzten Zeit aufgefallen ist, bezieht sich auf die Work-Life-Balance. Ich habe oft das Gefühl, nie wirklich abschalten zu können, deswegen muss ich jetzt lernen, mir ganz fest „nichts“ vorzunehmen. Gar nicht so leicht bei so einem Workaholiker, aber zum Glück habe ich genug Hobbys zur Ablenkung entdeckt.